Wie wir sehen, ist nicht, wie wir fühlen.DERO |
Skulpturen |
Detlef Friedrich Rohrbach Impressum - Datenschutzerklärung/ Kontakt
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Bildhauer, geboren 1961 in
Berlin. Nach mehrjähriger
Arbeit als Restaurator und Sachverständiger für angewandte
Kunst folgte ein Studium und anschließende
Lehrtätigkeit an der FHSS Berlin.
1994 begann er mit der freien Bildhauerei. Seit 1995 entstanden
in seinem Atelier im Havelland zahlreiche Skulpturen in Holz, Bronze
und Stahl
für den Innen- und Aussenraum. Seine Arbeiten fanden
und finden nationale und internationale Anerkennung sowie Platz in öffentlichen
Gebäuden und privaten Sammlungen. Nach Frankreich (Paris 1999) und Polen (Poznan 2000/2002) führte ihn 2003 eine Galerieeinladung für
ein Ausstellungsprojekt zu einem mehrmonatigen Arbeitsaufenthalt nach
Australien. 2006 folgte die Geburt seiner zweiten Tochter und der Umzug
an den Rhein, wo er mit Familie im beschaulichen
Ludwigshöhe auf einem alten Weingut lebt und arbeitet.
Wie wir sehen, ist nicht,
wie wir fühlen.
DERO
Holz
ist Natur. Die Skulpturen von Detlef Rohrbach zeigen, ohne hölzern zu wirken,
die Natürlichkeit des Werkstoffes, dessen Schönheit, Kraft und Vergänglichkeit.
Er macht das von der Natur Vorgegebene sichtbar, überwindet aber zugleich die
Natur. Er schafft Formen voller Sinnlichkeit als Gegenpol zur Mechanisierung
und Elektronisierung unserer Bildwelt und nutzt in seinen Arbeiten die
Vertrautheit zwischen Mensch und Material als Schlüssel zum ästhetischen
Dialog. Seine in mehreren thematischen Zyklen geschaffenen Stelen sind in ihrer ursprünglichen Wachstumsrichtung bearbeitete
Hölzer. Ausgediente Nutzhölzer, wie marode Fachwerksbalken oder ausgediente
Zaunpfähle werden genauso bearbeitet wie uralte Eichenstämme aus dem Moor oder
frisch geschlagene Bäume.
Ernst
Ludwig Kirchner sagte einmal: „In jedem Stamm steckt eine Figur.“ Die Figuren
aus dem Daphne -Zyklus sind Holz gewordene Weiblichkeit und wirken warm und vertraut.
Es ist die Spannung zwischen Reinheit und Begehren - zwischen Sinnlichkeit und
Keuschheit. Ausgehend von naturalistischen Weichbildern werden weibliche Formen
modelliert. Der Baum wandelt zur Frau, die Frau wird Kriegerin, die erotische
Verheißung bleibt Schein, aus dem Zerfall erwächst eine Heilige.
Nach
dem Vexierspiel mit der weiblichen Form wird in den folgenden Zyklen der
Betrachter zum Beteiligten. Das Sichtbare, das Mit-den-Augen-zu-greifende,
lädt ein die Distanz zum Kunstobjekt zu überwinden. Form und Oberfläche fordern
auf mit den Händen nachzuformen, nachzufragen, zu bestätigen, zu ergänzen – Im
ursprünglichen Wortsinn: zu er-fassen, zu be-greifen. Bei seinen Bänken kann ein jeder sie sogar be-sitzen.
Bei
den ‚Innenansichten‘ werden ganze
Stämme stehend bearbeitet. Das kraftvolle Zentrum des Baumes wird entkleidet
aber nicht entblößt. Ihm inne wohnende Formen und Strukturen werden
herausgearbeitet, öffnen sich, zeigen seine Lebendigkeit und Vielschichtigkeit.
Der umspielte Raum gibt der Form Bewegung. Die Skulpturen nutzen die Spannung
zwischen Form und Raum für das Gespräch zwischen Betrachter und Skulptur.
Inhärente Formen und Texturen werden freigelegt. Deren Weichheit und die samtenen Oberflächen ziehen magisch an, laden
den Blick ein in das Holz. Sie laden ein zur Berührung und zum ästhetischen
Dialog, führen uns auf eine Reise durch den Baum in die eigene Vorstellungswelt.
Beim
‚Einfluß der
Zeit’ durchbricht bereits das gewählte Material die Linearität der
Lebenszeit. Verbrauchte, unnütz gewordene, ‚tote‘ Hölzer, die nach ihrem
natürlichen Wachstum ein zweites funktionales Dasein beendeten, wie marode
Fachwerksbalken oder ausgediente Zaunpfähle werden genauso bearbeitet wie Holz
aus dem Moor. Die Objekte werden wieder zur ursprünglichen Wachstumsform
aufgerichtet und ihre verlebte Hülle aufgebrochen. Die entstehenden Stelen
offenbaren ihre Herkunft, ihre bisherigen Leben und reinkarnieren.
Sie zeigen ihre originäre Natürlichkeit, leugnen nicht ihre sekundäre,
funktionale Vergangenheit und werden wiedergeboren in der reinen Schönheit der
Form.
Das
‚Landmarks-projects’, bei dem Dero auf eine
Galerieeinladung hin während einer Reise durch die nordaustralische Landschaft
Skulpturen arbeitete, erlebte er Australien und die tiefe Kluft zwischen seiner
uralten und seiner modernen Kultur mit dem weniger verstellten Blick des
Besuchers und ließ im Wechselspiel zwischen Skulpturen und Landschaft den
kulturellen Wandel sichtbar werden. Alte Begrenzungspfähle einer Rinderfarm im Outback von Queensland bildeten sein Material. Dero
bearbeitete ein natürliches Material, welches während seiner funktionalen
Nutzung durch den Menschen Kultur absorbierte.
Zäune
sind Landmarken der westlichen Kultur. Sie sind Symbol des Eigentums. Der
westliche Eigentumsbegriff und die Landnahme durch die Siedler im 19. und 20. Jhdt. steht im krassen Gegensatz zur rein sinnlichen
Landschaftskartierung der Aborigines mit ihren Songlines und Traumpfaden. Dieser immer noch währende
Konflikt ist Ausgangspunkt der Arbeit von Dero.
Er entnimmt der australischen Landschaft Grenzmarkierungen. Die ‚entnutzten’ Grenzpfähle werden -von
Dero bearbeitet- transformiert zu ästhetischen Landmarken, Symbolen der
australischen Geschichte.
Die
gewandelten Grenzmarken trägt Dero in die Stadt zu den Menschen. Er belegt viel
frequentierte Orte, wie malls, Promenaden,
Busbahnhöfe etc. für ein paar Stunden mit diesen Landmarken und zeichnet
ästhetische Kartierungslinien der Landschaft im Stadtraum nach. Doch es sollen
keine neuen Grenzen gezogen werden. Die Objekte spiegeln nicht nur die
Landschaft wider, sie sind gewandelte Symbole, Grenzen, die nichts mehr
begrenzen. Dero nutzt die Vertrautheit zwischen Mensch und Material aus 60.000
Jahren Kulturentwicklung zum Dialog. So werden aus den Grenzmarken vergangener
Zeit Symbole der Versöhnung.
Mit
der inneren Einheit bzw. der Dualität von Glauben und Wissen beschäftigt sich
der ‚Helix Zyklus’. Jede Antwort gibt uns zehn
neue Fragen, sagte schon Sokrates. Sinnsuche und fundamentale Verunsicherung
verbreiten sich in einer Zeit der Entschlüsselung des Genoms und globalem
Informationszugangs. Die DNS, das Grundgerüst des Lebens und deren
Struktur als Symbol ist Ausgangspunkt für die Helix-Arbeiten
in Holz und Bronze. Die in sich zurückkehrende Doppelhelix
als gordischer Knoten zielt auf die Unlösbarkeit der Sinnfrage, während bei der
Trihelix die Grundform getrennt und tripliziert wird als Hinweis auf den Widerspruch zwischen
dem christlichen Schöpfungsmythos (Glaubenssatz der heiligen Trinität) und dem
naturwissenschaftlichen Wunsch, die Geheimnisse des Lebens entschlüsseln zu
können
Die
Rückgabe der Beantwortung dieser Sinnfrage an den Rezipienten ist Zentralmotiv
des Komplexes ‚Raum für Intuition’ - Ein
Ausstellungskonzept für große Räume. Die
Entwicklung der menschlichen Vorstellungskraft in der Vor- und Frühkultur sind
das gemeinsame Fundament der beiden Weltgebäude Kunst und Religion. An diesen
Nullpunkt der geistigen Evolution begibt sich 'Raum für Intuition'. Die karge
Erhabenheit großer, leerer Räume, insbesondere Kirchen, vereint sich mit den
zum Leben erwachenden, riesigen Baumstämmen zu einem Ort voller Mystik und
Besinnlichkeit. Die als Bankskulpturen ausgearbeiteten Flussbäume können 'in
Besitz' genommen werden. Durch die Anordnung der Skulpturen zu interaktiven
Einheiten laden in sich geschlossene Kontemplationsorte
den Betrachter zum Verweilen und Er-Fassen des Raumes ein.
In den Bereich der vorchristlichen Mythenwelt begibt sich der Götterzyklus. Wir begegnen dem Einäugigen Windgott Wodan und dem verschlagenen Loki. 800 Jahre alte Mooreiche aus Schleswig-Holstein ist das durch Optik und Symbolkraft bestechende Material mit dem DERO die germanische Götterwelt wiederauferstehen lässt und damit einen kulturellen Ursprung betrachtet, der vom Christentum negiert und von den Nazis ideologisch missbraucht, uns fremd geworden ist.
Mit der Reihe "Natur-Kultur" wird
die Bearbeitung ganzer Stämme weiter entwickelt. DeRo nimmt dem
Holz die gewachsene Solidität und sogar die Verbundenheit mit der
Erde. Wie weit kann sich der Stamm von seiner
Ursprünglichkeit entfernen, ohne seine Natürlichkeit
verlieren? Wieviel Substanz kann entfernt werden, ehe man seine
ürsprüngliche Kraft nicht mehr erkennt? Wie weit kann der
Stamm verformt werden, ohne die Erinnerung an seinen Ursprung als
Wachstumsröhre zu verlieren? Dero gelingt eine im
Wortsinn spannende Beantwortung dieser Fragen.
Bronze – und Stahlplastiken
Bei
den Metallarbeiten der frühen Jahre dominierten mit der freien Hand gebogene
Kleinplastiken, die als Vorlagenunikate für Außenraumplastiken gefertigt
wurden.
Stahl
ist kalt, hart, starr und schwer. Von diesen Eigenschaften des Materials ist
bei den Metallarbeiten von Detlef Rohrbach nichts mehr spürbar. Die mit der
freien Hand gebogenen Kleinplastiken wirken eher leicht und zerbrechlich.
Verspielte Schwünge finden sich selbst oder verlieren sich im Nichts. Die
Farben, die er dem Material entlockt, reichen von stahlblau bis sonnengelb. Sie
scheinen auf der Oberfläche zu schwimmen oder wie kleine Wölkchen dahin zu
treiben.
In
seinem Zyklus ‘Gedankenflüge’ formt
Detlef Rohrbach angeregt durch die Rundtänze der Bienensprache Gedanken in
Metall. Die Stahlbänder werden zu sichtbaren Bewegungsformationen im
Raumzeitgefüge, auf denen der Blick des Betrachters dem Flug der Gedanken zu
folgen vermag. Flüchtige Gefühlszustände kristallisieren zu beständigen
dreidimensionalen Emotionsdiagrammen.
Die
Bronzearbeiten waren stets mehr als nur dauerhafte, beständige Abformungen von
Holzskulpturen für den Außenraum. Das homogene Material erlaubt nicht nur eine
Anpassung an den jeweils gegebenen Raum
und ermöglicht eine Überarbeitung der Form im
Detail zu verschiedenen Fassungen. Vielmehr bestimmt die Formaussage die
Materialwahl, so dass die ausgewählten Bronzearbeiten zu den einzelnen
Themenzyklen einen vollständig eigenständigen Charakter besitzen.
Temporäre Skulpturen aus Feuer
Angeregt
durch musikalische Impressionen verwandelt Detlef Rohrbach bei seinen
Performances ausgewählte Holzarbeiten kurzzeitig zu Feuerskulpturen. Anders als
erwartet sind die Elemente Holz und Feuer bei dieser Performance jedoch nicht
im Widerstreit sondern gemeinsam wirkende Protagonisten in einer Allegorie über
Beständigkeit und Vergänglichkeit.
Diese
Werke aus Hitze und Licht, die nur für Sekunden existieren, bestechen durch
ihre enorme Intensität. Ebenso wie gelungene Tonwerke bestehen diese flüchtigen
Sensationen in unserem Gedächtnis als ästhetischer Eindruck fort und bereiten
damit nachhaltigen Kunstgenuss.
Alte Fässer – neue
Arbeiten. Neben der biomorphen Holzbearbeitung
in Dero – typischer Handschrift sind
auch lokal inspirierte, spielerisch leichte Arbeiten für Guntersblum
entstanden Dekorative Materialcollagen mit Fassdauben und Rechnerfragmenten
spiegeln ästhetisch den Brückenschlag
der jungen Winzergeneration zwischen Tradition und Moderne. Die
Stimmung der jährlichen Weinprozession im Kellerweg lässt sich kaum besser
stilisieren als mit der kleinen Polonaise weinseliger Festgläser betitelt
mit dem Goethe-Zitat:“Naht ihr euch wieder, schwankende Gestalten.“
Dero in Guntersblum.
Eine kleine Werkschau, die beim Rundgang mit einem Glas Ortswein uns ein
Schmunzeln aufs Gesicht zaubert.
„Was wärest du, großes Gestirn, hättest du
nicht die, welchen du scheinst?“ So
sprach Zarathustra zur Sonne. Was wäre die Kunst ohne die Menschen, deren
Empfindungswelt sie bereichert. Dennoch gerät die einst selbstverständliche
Integration der Kunst in die Gesellschaft zuweilen in den Hintergrund. Auf
einem Sockel lässt sie sich feiern, es
wird ihr gehuldigt. Jedoch kommt ihr damit das einstige Selbstverständnis
abhanden und sie befindet sich, wie Hans Gadamer es
ausdrückt, im „beständigen Rechtfertigungszusammenhang mit der Welt“.
Mit
seinen Arbeiten besinnt sich DERO auf die natürliche Gemeinschaft von
Schaffenden und Aufnehmenden. Kunst entsteht erst allgemeingültig durch die
Fähigkeit zur ästhetischen Betrachtung, der ‚ars pulchre cogitandi‘, der ‚Kunst,
schön zu denken‘, wie Alexander Baumgarten es bereits treffend formulierte. Sie
wird erst vollständig durch das freie Zusammenspiel zwischen dem
Produzierenden, dem Werk und dem aktiv Aufnehmenden.
Dieses
freie Zusammenwirken kann konsequenterweise nur durch einen freien Zugang zum
Werk erreicht werden. Dazu bedarf es einer Atmosphäre, die den Aufnehmenden eine gleichberechtigte
Position zubilligt. Deshalb muss die Kunst sich dorthin begeben, wo der Mensch
lebt. Kunst, der man begegnen kann; Kunst, die man anfassen kann; Kunst, die am
Alltag teilnimmt, Kunst, die besonders ist, weil sie nichts Besonderes sein
will.